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Foto: picture alliance / Zoonar | Ilja Enger-Tsizikov

Bist du noch im Netz? Oder schon süchtig?

Handy-Daumen, Schlafstörungen, Depressionen, Nomophobie: Übermäßiger Smartphone-Gebrauch kann gerade junge Menschen krank machen.

Mattheo (17)

Aufs Handy gucken. Wieder nach oben blicken, dem Lehrer zuhören. Blick wieder runter, jemandem schreiben. Handy ausmachen, wieder auf den Unterricht konzentrieren. In der Hosentasche vibriert es. Gucken, ob der Lehrer gerade aufpasst, schnell das Handy raus. Nachricht lesen, zum Lehrer schauen, bevor man antwortet. Stunde zu Ende, Zeug zusammenpacken und bloß raus aus der Schule. Auf dem Weg zum Bus das Handy raus und schnell noch diese wichtige Nachricht schreiben …

Wenn man sich so umsieht, muss man sich fragen: Können wir noch leben ohne unsere Handys – oder andere technologische Geräte? Kommen wir noch zurecht ohne das Internet? Oder sind wir – immer online, immer am Schirm – schon süchtig? Süchtig nach unseren Handys, nach dem Netz.

Ohne Handy würden die meisten die Geburtstage ihrer Eltern vergessen

Wahr ist auf jeden Fall: Das Internet erleichtert nicht nur viele praktische Aspekte des Alltags, ohne das Internet ist eine aktive Teilhabe an der Welt kaum noch möglich. Und viele von uns würden ohne ihr Handy am Morgen nicht mehr rechtzeitig aufwachen, sie wüssten nicht, wie viele Schritte sie gegangen sind, und würden wohl nicht nur die Geburtstage ihrer Eltern vergessen.

Die Eltern sagen gerne mal, dass wir jungen Menschen heutzutage nur noch am Handy hängen. Aber Tatsache ist doch: Sie selber sind auch nicht besser. Das ständig gezückte Handy sieht man nicht nur bei jugendlichen Tech-Junkies oder Onlinespiele-Nerds, sondern überall und in allen Altersklassen.

Was viele aber nicht wissen: Die übermäßige Smartphone-Nutzung kann Folgen haben. Der Handy-Daumen ist längst ein tatsächlich existierendes orthopädisches Phänomen, eine Entzündung der Sehnen im Daumen. Außerdem sind sehr verbreitet und stehen in Zusammenhang mit dem Handy: Konzentrationsschwäche, Zappeligkeit, Fettleibigkeit oder Kurzsichtigkeit. Und nicht nur das, auch psychische und soziale Probleme können entstehen oder durch das Internet verstärkt werden, so der Suchtexperte Dr. Roland Mader. Es gibt sogar schon mehrere Krankheitsbilder, die vor dem mobilen Telefonieren nicht existierten. Die Nomophobie, kurz für „No-Mobile-Phone-Phobia“, ist die panische Angst, nicht mehr über das Handy erreichbar sein zu können. Und die „Fear of Missing Out“, kurz FoMO, beschreibt die Angst, ohne Handy irgendetwas zu verpassen und von scheinbar wichtigen Entwicklungen ausgeschlossen zu sein.

Wer schlecht schläft, bei dem steigt das Krankheitsrisiko

Noch verbreiteter sind Schlafstörungen, die entstehen, weil das Handy die ganze Nacht neben dem Bett liegt, um ja keine Nachricht zu verpassen. Am Anfang ist das noch kein großes Problem, denn, meine Güte, dann macht man halt mal eine Nacht durch. Aber dabei bleibt es oft nicht. Aus einer Nacht wird eine zweite, die man wieder nur vor dem Handy verbringt – und dafür holt man dann den fehlenden Schlaf am Tag nach. Zudem schläft man nicht nur weniger, sondern auch schlechter. Denn egal, wie dunkel man das Handy stellt, und selbst wenn der Nachtmodus aktiviert ist, das Mobilgerät sendet immer noch Strahlung und Licht aus. Licht wiederum signalisiert dem Körper, dass es Tag sein muss. Wenn es Tag ist, heißt das für den Körper, dass er aktiv sein will, damit wir unsere täglichen Aufgaben erfüllen können – und dies bewirkt, dass der Melatoninspiegel sinkt. Melatonin aber sorgt dafür, dass der Körper runterfährt und wir müde werden. Auch nur ein kurzes Aufs-Handy-Schauen kann zur Folge haben, dass wir wieder wach werden. Und wer schlecht schläft, bei dem steigt die Wahrscheinlichkeit, an Herzkreislauferkrankungen oder Stoffwechselkrankheiten, wie zum Beispiel Diabetes, oder an Depressionen und Angststörungen zu erkranken.

Aber wo genau beginnt eine Sucht? Selbst jemand, der den ganzen Tag ohne Pause auf sein Handy starrt, muss nicht notgedrungen internetsüchtig sein. Denn es gibt keine genau festgelegte Definition für die Internetsucht. Sucht und Abhängigkeit sind individuell, von der Resilienz eines Menschen hängt es aber ab, ob dieser süchtig wird oder nicht. Unter Resilienz versteht man die psychische Widerstandskraft gegenüber biologischen, psychologischen und psychosozialen Entwicklungsrisiken. Einfacher gesagt: Resiliente Jugendliche können besser mit ihren Lebensumständen und Rückschlägen umgehen als weniger resiliente. Jeder Mensch hat eine andere Resilienz in verschiedenen Bereichen: Die eine hat eher ein Problem mit Drogen, der andere dagegen mit dem Internet. Was für manche nur ein Werkzeug oder die reine Lebensfreude ist, kann für jemand anderen ein großes Risiko darstellen – das gilt auch für Internet und Handy.

Eine weitere Gefahr: Der Aufenthalt im Internet, erst recht der ausgiebige auf sozialen Netzwerken, kann zu Stress führen. Stress ist zwar keine Krankheit, kann aber trotzdem zu einem Problem werden. Denn in den Social Media sind Hate-Speech und Beleidigungen, ja sogar Mobbing an der Tagesordnung. Erschreckende zwei Drittel der Jugendlichen finden es mittlerweile normal, auf Internet-Plattformen beleidigt und beschimpft zu werden. Diesem Stress kann man aber nur schlecht entgehen, denn zumindest bei der jüngeren Generation sind Profile auf sozialen Netzwerken wie Instagram oder Snapchat ein Muss. Das soziale Leben findet zu einem erheblichen Teil im Netz statt.

Der raue Umgang im Netz kann eine Gefahr für die Demokratie werden

Der Umgang im Netz hat eine weitere, womöglich noch problematischere Folge. 40 Prozent der Jugendlichen möchten oder können nicht mehr ihre Meinung zu gewissen Themen äußern. Das ist in einer demokratischen Gesellschaft ein Problem. Denn längst ist das Internet der wichtigste Raum des Austausches für junge Menschen. Ein Austausch, der gestört ist, wenn große Teile sich nicht mehr trauen, ihre tatsächliche Meinung zu sagen oder – vielleicht sogar noch schlimmer – aus Angst nur noch mit dem Strom schwimmen.

Das Internet ist Segen und Fluch zugleich. Auf der einen Seite ist es praktisch und auch inspirierend, aber auf der anderen Seite nehmen Begleiterscheinungen wie Beleidigungen, Falschinformationen und Fake News, Gruppendruck und Überforderung zu. Es liegt an jedem selbst, wie weit und wie lange er sich im Internet aufhalten möchte, aber man sollte sich immer bewusst sein, was man dann dort tut – auch wenn nichts davon haptisch ist.

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