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Foto: picture alliance/dpa | Christine Schultze

„Ein beklemmendes Gefühl“

Ein Aktionstag zum Jahrestag des Attentats von Hanau half der Courage-AG an einer Schule in Velbert die Arbeit gegen Rassismus wiederzuleben.

Dustin (15)

2017 war es, als die Christliche Gesamtschule Bleibergquelle in Velbert offiziell ins Netzwerk Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage (SOR) aufgenommen wurde. Damals waren die Freude und die Euphorie ebenso groß wie die Bereitschaft, sich gegen jegliche Form von Ausgrenzung einzusetzen. Allerdings schlief der Aktivismus aufgrund eines Lehrerwechsels nach einiger Zeit wieder ein. Neben dem Schuleingang hing zwar weiter das Schild mit der Aufschrift „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, aber im schulischen Alltag spielte das Thema abgesehen von einem kleinen Projekt keine große Rolle mehr.

Das änderte sich im Vorfeld des dritten Jahrestags der rassistischen Morde von Hanau am 19.2.2020. Natascha Schneider, die Leiterin des SOR-Teams, regte einen Aktionstag für Freitag, den 17.2.2023, an – und wollte damit auch das Projekt an der Gesamtschule Velbert wiederbeleben. „Mein Sohn hatte mir ein Video von der Plattform TikTok gezeigt. Ein Augenzeuge von Hanau schilderte die Situation – und noch während ich das Video sah, wurde mir bewusst, dass wir diesen Vorfall auch drei Jahre später nicht einfach vergessen dürfen“, erklärt die Lehrerin ihre Motivation.

Schnell haben wir gemerkt, wie zeitaufwendig so ein Aktionstag werden kann.

So fanden sich bald einige Schülerinnen und Schüler, die bereit waren, einen solchen Aktionstag vorzubereiten. Schon bei den ersten Treffen, als wir noch Ideen sammelten, merkten wir, wie zeitaufwendig so eine Aktion werden kann. Es gab so viel zu bedenken und zu planen, dass wir dann doch unter Zeitdruck gerieten, weil wir den Arbeitsaufwand unterschätzt hatten.

Die beständige Auseinandersetzung mit den bedrückenden Ereignissen von Hanau war psychologisch nicht immer einfach. „Es ist ein beklemmendes Gefühl, wenn man an einem so schlimmen und traurigen Thema arbeitet“, beschreibt die Schülerin Zoé stellvertretend für alle im Organisationsteams die Emotionen. „Sich bewusst zu machen, dass die Harmonie unserer Gesellschaft bis heute durch solche Ereignisse zerstört wird, ist verstörend.“ Umso intensiver setzten wir uns damit auseinander, wie wir das komplexe Thema so vermitteln konnten, um es auch für die Jüngeren verständlich werden zu lassen.

Der Tag begann schließlich mit einer Durchsage über die Lautsprecheranlage der Schule, die von zwei Schülerinnen gesprochen wurde. Im Forum, einer großen Freifläche zwischen zwei Unterrichtsräumen, konnten alle Jährgänge eine Ausstellung mit Gedenktafeln, Bildern und Informationen zu den neun Opfern sehen. Und wir konnten einen selbstproduzierten Film zeigen mit Aussagen von Augenzeugen des Attentats, Ausschnitten aus TV-Reportagen und dem Benefiz-Song „Bist du wach?“, an dem 15 Deutschrapper beteiligt waren.

Ein Ereignis wie das Attentat von Hanau betrifft tatsächlich jeden von uns.

Während der Vorstellung und Präsentation unserer Arbeit kam eine lebendige Diskussion in Gang. Schülerinnen und Schüler tauschten Wissen und Meinungen aus über das Attentat in Hanau. Ein Schüler war sichtlich verblüfft und betroffen, als er erfuhr, dass Hanau nur wenige Autostunden entfernt liegt. Ein anderer behauptete, Rassismus und Ausgrenzung seien an unserer Schule kein Problem, andere widersprachen dieser Einschätzung. Es gab generell viel gutes Feedback auf die Ausstellung, der Film wurde mit Applaus bedacht. Eine Schülerin sagte: „Ich finde es gut, dass ihr euch für dieses Thema einsetzt, denn jeder sollte so leben dürfen, wie er ist.“

Schon vor der Filmvorführung hatten wir die Gelegenheit genutzt, für die Arbeit der Courage-Gruppe zu werben. Wir erklärten, wofür wir uns bei Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage einsetzen möchten und wie wir uns die Zukunft unseres Teams vorstellen. Mit Erfolg: Anschließend meldeten sich mehr als 30 Schülerinnen und Schüler, die das Projekt künftig unterstützen und bei Aktionen mitmachen wollen. Darunter auch Turan, der sich konkret von Ereignissen wie in Hanau bedroht fühlt: „Ich kann wirklich von Glück reden, dass ich einem solchen Anschlag wie in Hanau noch nicht zum Opfer gefallen bin. Aufgrund meiner Herkunft, meiner Religion oder meines Aussehens kann ich mir persönlich niemals sicher sein, von rassistischer Gewalt verschont zu bleiben.“

Die Arbeit in der Courage-Gruppe hat nicht zuletzt aufgezeigt, dass ein solches Ereignis wie das Attentat von Hanau tatsächlich jeden von uns betrifft. Manche wie mich nur indirekt, andere wie Turan sehr viel unmittelbarer. Und wie wichtig es ist, dass wir alle zusammen gegen Rassismus arbeiten. Eine Welt ganz ohne Rassismus ist ein Ziel, das wahrscheinlich unmöglich zu erreichen ist. Aber es bleibt wichtig, sich aktiv gegen diese Probleme einzusetzen, um unsere Welt wenigstens ein kleines bisschen besser zu machen.

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