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(c) Picture Alliance AP

Feminismus und ich

Jede*r entdeckt den Feminismus auf seine Weise. Unsere Autorin Melda schreibt über ihre Erfahrungen damit und teilt ihre alltägliche Konfrontation mit sexistischen Rollenbildern und Erwartungen.

Melda D. (17) für Q-rage! online Sie ist Chefredakteurin der Ludwigshafener Schülerzeitung "Der Anker".

Wir Menschen neigen dazu, zu allem eine Meinung zu haben. Es liegt in unserer Natur; wir spielen eben gerne Kritiker und oft betrachten wir die Dinge in einem negativen Licht. Bevor Du diesen Artikel liest, bitte ich Dich deshalb um Folgendes: Nähere Dich meinen Worten ohne jegliche Voreingenommenheit. Nimm dir vor, meinen Standpunkt zu verstehen. Hinterfrage meinen Standpunkt. Hinterfrage nun deinen Standpunkt. Los geht’s.

Feminismus fordert die soziale, ökonomische und politische Gleichheit aller Geschlechter. Auch wenn der Begriff irreführend wirkt, ist der Weg des Feminismus also nicht nur ein weiblicher, sondern auch ein männlicher. Beiden Geschlechtern werden systematisch Stereotypen und Geschlechterrollen aufgezwungen.

Hast du dich noch nie gefragt, warum rosa eine Mädchenfarbe und blau eine Jungsfarbe ist? Oder warum der Begriff „pussy“ abwertend ist, obwohl er nur auf das weibliche Genital verweist? Und weshalb ein Mädchen oder eine Frau, die sich mit ihrer Sexualität wohlfühlt, als „Schlampe“ bezeichnet wird? Ist dir aufgefallen, dass die Wickeltische für Kinder auf Damen- und nicht auf Herrentoiletten zu finden sind? Dass „schwul“ als Beleidigung funktioniert, weil ein Mann angeblich seine Männlichkeit verliert, wenn er einen Mann liebt? Oder dass weibliche Brustwarzen auf Instagram zensiert werden und männliche nicht?

Feminismus als Pop

Vielleicht hast du es mitbekommen. In den letzten Jahren ist der Feminismus Teil der Pop-Kultur geworden. Feminismus wurde zu einem Trend. Plötzlich war jeder Feminist. Bei H&M gab es rosafarbene T-Shirts mit feministischen Aufschriften, Dior verkaufte das gleiche Kleidungsstück mit der Aufschrift „We Should All Be Feminists“ und im Fernsehen lief eine Serie namens „Supergirl“ (als Äquivalent zu Superman versteht sich). Das alles ist schön und gut. Jedoch muss ich mir eingestehen, dass der Feminismus immer noch ein Mythos ist. Weil der eigentliche Wandel uns noch bevorsteht: der Wandel in den Köpfen der Menschen.

Ich bin Türkin. Meine Familie würde ich als liberal mit konservativen Wurzeln bezeichnen. Meine jüngeren Tanten sind emanzipiert, mein Onkel beschreibt mich als die Zukunft der Autonomen. Und trotzdem erkannte ich, dass auch in meiner Welt so einiges nicht stimmt.

Mit 13 Jahren hörte ich das erste Mal von Chimamanda Ngozi Adichie, einer nigerianischen Autorin, die in einem der berühmten TEDx Talks über Feminismus sprach. Sie war unglaublich … und sie bescherte mir einen neuen Blickwinkel auf unsere Gesellschaft. Eines Abends kamen meine Tante und mein Onkel mit meinen Cousins zu Besuch. Ein ganz normaler Abend mit türkischem Gebäck und Fußballgerede, als mich meine Mutter plötzlich aufforderte, den Männern Tee zu servieren. Ich weigerte mich. Ich war ein Kind und ich war faul, also fragte ich, warum nicht mein Cousin den Tee servieren könne. In dem Moment hatte ich einfach keine Lust, Tee zu servieren. Die Antwort auf meine Frage könnt ihr euch denken.

Wie eine ordentliche Tochter

Ich sage nicht, dass alle Familien so funktionieren. Es muss nicht deine Realität sein, aber es ist meine. In den nächsten Jahren häuften sich solche angespannten Wortwechsel zwischen meiner Familie und mir. Mal sollte ich unbedingt heiraten, mal sollte ich mich wie eine ordentliche Tochter kleiden und einmal hieß es, ich sollte nicht alleine auf den Straßen unterwegs sein, weil man mich belästigen könnte. Genau. Ich trage als Mädchen die Schuld, weil ja auf meiner Stirn „Komm du perverses Schwein, fass mich an!“ steht. Weil ich ein Mädchen bin, muss ich mich in meinem Leben einschränken. Weil ich ein Mädchen bin.

Im Internet las ich vor kurzem einen Artikel über einen Jungen in meinem Alter, der sich nicht aus dem Haus traut, weil er gerne Make-Up trägt. Stellt euch vor, wie schrecklich es ist, nicht man selbst sein zu dürfen. Verurteilt zu werden. Nicht akzeptiert zu werden. Und hier greift der Feminismus ein. Was ein Mann darf, darf auch eine Frau. Was eine Frau darf, darf auch ein Mann. So einfach ist das. Und doch braucht manch einer einen Anstoß, um diese Situation zu erkennen und noch wichtiger, um sie zu ändern.

Ich sehe es als meine Pflicht als Mensch, das Leben auf diesem Planeten für alle besser zu machen. Leben und leben lassen. Der Sexismus ist eines von vielen Phänomenen, die unsere Gesellschaft negativ beeinflussen. Es liegt in unserer Hand.

Was hältst du davon?

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Lesermeinungen

  1. Emily Patzer
    09.12.2017

    Liebe Melda,
    ich habe den Artikel verschlungen und dachte am Ende nur die ganze Zeit: „Richtig gut! Richtig gut!“

  2. Antonia
    08.03.2019

    Bevor du dich über die Farbe rose suggest, splltest du etwas gegen die Frauenunterdrückung im Islam unternehmen – gegen Kopftuch, gegen Ehrenmord, dafür dass Mädchen zum Schwimmunterricht und auf Klassenfahrt dürfen, ob die dann einen tosafarbenen Pulli tragen oder nicht, ist egal

  3. ani
    06.03.2021

    Liebe Melda,
    Danke für diesen tollen Artikel. Gerade als junge Erwachsene Haltung zu zeigen (insbesondere auch der eigenen Familie gegenüber) ist nicht immer einfach!
    Danke, dass du den Feminismus so deutlich und einfach erklärst, dass wirklich JEDER versteht, warum es so wichtig ist aktiv feministisch zu sein. Und danke für den kleinen Einblick in deine Lebensrealität. Ich schicke ganz viel Energie und Liebe, denn es ist ein ewiger Kampf gegen den Status Quo. Kleine Veränderungen wie die Farben von Tshirts können große Wellen schlagen. Lass dich niemals verunsichern und mach dein Ding.

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