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Foto: picture alliance / Hans Lucas | Valeria Mongelli

Ich bin doch kein Rassist, aber …

Auch jemand, der auf das N-Wort verzichtet, kann rassistisch handeln. Auch ein Kompliment kann herabsetzend und verletzend sein. Unsere Autorin hält es nicht mehr aus, dass sie ausgegrenzt wird.

Eliane (16)

Ich bin doch kein Rassist, aber trotzdem nennst Du es immer noch nicht Schoko-Küsse.
Ich bin doch kein Rassist, aber trotzdem setzt Du Dich im Bus nicht neben eine Hijabi.
Ich bin doch kein Rassist, aber trotzdem hast Du Angst vorm Schwarzen Mann.

Wir Deutsche haben doch kein Rassismusproblem, aber dennoch wird von „wir“ und „ihnen“ gesprochen. Das „wir“ ist positiv besetzt und das „ihr“ negativ.
„Wir“ sind zivilisiert, gebildet, innovativ.
„Ihr“ seid kriminell, dumm, zurückgeblieben.
„Wir“ sind normal. „Ihr“ seid es nicht.
Aus Angst denken wir in Schubladen, die uns das Leben erleichtern und uns vor Unbekanntem schützen sollen. Doch die Vorurteile, die wir haben, lassen sich nur schwer aufbrechen. Schlimmer noch: Wir pflanzen unser intolerantes Gedankengut in die Köpfe unserer Nachkommen.

„Wir“ kennen euch besser als „ihr“, wissen, wie „ihr“ drauf seid, wie „ihr“ tickt.
„Wir“ kennen euren Wert.
„Wir“ haben Einfluss auf eure Zukunft.
„Wir“ herrschen, „ihr“ werdet beherrscht.

Ich bin doch kein Rassist, aber in Deutschland soll nur Deutsch gesprochen werden.
Ich bin doch kein Rassist, aber Menschen, die ‚chinesisch‘ aussehen, sind schuld an Corona.
Ich bin doch kein Rassist, aber alle Schwarzen sehen gleich aus.

Sprache ist ein Machtinstrument. Wir verwenden gezielt Begriffe, um uns abzugrenzen, andere zu beschreiben oder gar zu beleidigen. Aber man kann andere ebenso gut unbewusst, durch unüberlegte Äußerungen verletzen. Auch jemand, der das N-Wort nicht verwendet, kann rassistisch sein.

„Dein Haar sieht aus wie Schurwolle.“
„Ihr Inder riecht immer nach Curry.“
„Du stinkst ja gar nicht, obwohl du so dunkel bist.“

Ja, solche Sätze hören „wir“, die für euch nur „ihr“ sind, immer wieder. Wenn wir Betroffenen erklären, dass solche Aussagen rassistisch, herabsetzend und verletzend sind, bekommen wird oft zu hören: „War doch nur Spaß.“ Oder: „Das war doch nicht so gemeint.“
Aber nein, Du bist nicht lustig. Du verletzt mich mit Deinen „Witzen“. Und dann sagst Du noch, ich würde zu emotional reagieren, ich sei zu empfindlich. Nie sind meine Gefühle berechtigt.
Aber was zählt, ist nicht die Intention, sondern die Wirkung. Wenn ich jemanden „fett“ nenne, denkt die betroffene Person auch nicht, dass ich mich um ihre Gesundheit sorge, sondern dass ich sie angreifen und erniedrigen will. Letztlich ist es egal, wie ich es gemeint habe, weil ich mein Gegenüber verletzt habe. Ich muss anerkennen, dass meine Aussage beleidigend und erniedrigend war und dafür um Entschuldigung bitten. Genauso dasselbe solltest Du auch machen, wenn Du rassistisch gehandelt hast. Einfach mal entschuldigen, das wär ein Anfang.

„Woher kommst du? – Nein, so wirklich …“
„Du bist hübsch für eine Schwarze.“
„Sie sprechen aber gut Deutsch.“

Das sind doch keine Komplimente! Ich passe vielleicht nicht in Dein konservatives Bild, wie eine Deutsche auszusehen hat. Ich werde Deinen Stereotypen nicht gerecht. Aber Dein Kompliment gibt mir lediglich das Gefühl, anders zu sein, nicht dazu zugehören. Als wäre ich der „Vorzeige-Migrant“, die „Quoten-Schwarze“. Ich bestätige nur Deine Regel, indem ich eine Ausnahme bin. In gewisser Weise entspreche ich Deinem verkorksten Ideal, aber dennoch passe ich nicht ganz hinein. Ich bin zwar hübsch, aber ich bin halt nicht weiß. Ich kann mich zwar eloquent auf Deutsch ausdrücken, aber bin nicht deutsch genug. Und obwohl ich auf Deine Frage, woher ich denn nun wirklich komme, schon dreimal „NRW“ geantwortet habe, bist Du immer noch nicht zufrieden.
Mag sein, dass ich Dein System sprenge. Mag sein, dass Du nicht verstehst, wieso ich hübsch, deutsch, eloquent UND Schwarz sein kann.
Aber es liegt nicht in meiner Verantwortung, Deinen Idealen, Werten und Strukturen zu entsprechen.
Die Menschheit verändert sich. Das Machtinstrument Sprache verändert unsere Definition des Seins. Begrifflichkeiten kommen hinzu, werden entfernt, erweitert.

Ich bin doch kein Rassist, denn ich verstehe, dass Du bist, wer Du bist.
Ich bin doch kein Rassist, denn ich akzeptiere, dass Du bist, wer Du bist.
Ich bin doch kein Rassist, denn ich liebe, dass Du bist, wer Du bist.

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