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we say no to racism: Schüler*innen von vier Courage-Schulen haben ein Trafo-Häuschen mit Graffiti-Botschaften gestaltet.

Sind Schule und Politik vereinbar?

Die 16-jährige Nicola vom Egbert-Gymnasium in Bayern schreibt über die Vorwürfe der politischen Einflussnahme von „Schule ohne Rassismus“ auf Schülerinnen und Schüler.

Nicola (16)

„Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ist eine bundesweite Schulorganisation, die sich  gegen Gewalt, Rassismus und Diskriminierung an Schulen einsetzt – auch bei uns. Eine gute Sache, doch in  Sachsen-Anhalt hat nun die Landesfraktion der AfD gefordert, die staatlichen Fördergelder sofort zu streichen. Ihre Gründe: „Linke Indoktrination, Meinungs-, und Gesinnungsdiktatur“. Die AfD behauptet, dass die Schüler gezielt „linkes“ Gedankengut – also pro Flüchtlinge, Homoehe etc. – gelehrt  bekommen, obwohl ja eigentlich politische Neutralität an den Schulen herrschen soll. Die Lehrer hingegen meinten, sie würden nie „Wählt nicht die AfD“ sagen, sondern ihren Schülern nur beibringen, dass rassistische Bemerkungen nicht in diese Welt gehören. Die AfD-Fraktion wollte sogar das Fach „Politik“ aus dem Lehrplan streichen lassen, da sie der Meinung ist, dass Schule und Politik voneinander getrennt werden müssen. Da die anderen Parteien diese Forderungen jedoch nicht unterstützt haben, wurden sie nicht ausgeführt.

Das Statement von Sanem Kleff und Eberhard Seidel der Bundeskoordination von „Schule ohne Rassismus- Schule mit Courage“ dazu: „Wir sind überparteilich, aber nicht wertneutral, denn unsere Haltung basiert auf Artikel 1 des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Sie stehen also nicht hinter dem Programm einer bestimmten Partei, sondern vertreten Werte wie Toleranz und Gleichwertigkeit, die sie offenbar bei der AfD nicht erkennen. Deswegen sagt das Netzwerk auch ganz offen: #wirsindnichtneutral. Eine brisante Zuspitzung des Konflikts gibt es nun an einer Grund- und Mittelschule in Oberkotzau in Oberfranken. Dort herrscht über 50%-prozentiger Migrantenanteil und sie trägt auch den Titel des Netzwerkes. Diese Schule hat nun mit Gerd Kögler ein Mitglied des AfD-Kreisvorstands „Hochfranken“ als Rektor. Dieser sagt, er möchte „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ selbstverständlich nicht abschaffen, denn die AfD sei gegen die Einwanderungspolitik und nicht gegen Menschen. Eine weitere Forderung der AfD bezüglich der Schulen wurde jedoch schon in manchen Bundesländern durchgesetzt, und zwar eine Onlineplattform, auf der Schüler Lehrer melden können, die sich negativ über die AfD äußern. Hierzu sagte der Sprecher der Kultusministerkonferenz und Thüringer Minister für Bildung, Jugend und Sport, Helmut Holter, dass dies zu einer Vergiftung des Schulklimas führen würde. Es sei eine gesellschaftliche Aufgabe, die Lehrkräfte in ihrem Bemühen zur Demokratiebildung, der Erziehung zu Menschenrechten und im Eintreten für Toleranz, Respekt und Mitmenschlichkeit im Sinne des Grundgesetzes zu unterstützen. Die Partei, die Meldeportale gegen Lehrer initiiert hat und laut KEG (Katholische Erzieher Gemeinschaft), dem Berufsverband für Lehrkräfte und Pädagogen, sich bildungspolitisch bisher nicht engagiert hat, leitet nun den Bildungsausschuss des Bayerischen Landtags, was die KEG sehr verwundert.


Interview mit Dr. Müller, Sozialkundelehrer und Leiter der Gruppe „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“

Was macht das Netzwerk eigentlich und wofür werden hierbei die Fördergelder genutzt?

Wir setzen uns z.B. gegen rassistische und religiöse Vorurteile und Diskriminierung ein, oder für Menschen, die aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung oder aufgrund eines Handicaps ausgegrenzt werden. Unsere Schule gehört seit 2010 zu dem Netzwerk und hat seitdem einige Veranstaltungen wie Vorträge und Vorlesungen hier organisiert, den MissioTruck an unsere Schule geholt, um für das Thema „Menschen auf der Flucht“ zu sensibilisieren, und Aushänge gestaltet. Außerdem haben wir uns dafür eingesetzt, dass wir Kontakt zu den Flüchtlingen, die hier im Kloster wohnen, bekommen. Die Gruppe hat zusammen mit der Q11/12 in den Jahren 2015 bis 2017 sehr verantwortlich für den Deutschunterricht von drei in Wiesenbronn lebenden Flüchtlingen gesorgt. Hut ab! Wir haben jedoch erst einmal das Fördergeld für einen Vortrag in Anspruch genommen. Ansonsten bezahlen wir meistens aus eigener Tasche. Wir profitieren von Infoheften über Rechtsextremismus,  Geschlechterrollen oder Religionen.

Die AfD ist ja der Meinung, dass durch „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ die Schüler politisch beeinflusst werden. Stimmt das? Wird hierbei wirklich „linke Indoktrination und Gesinnungsdiktatur“ vermittelt?

Nein, wir sind überparteilich. Da es jedoch viele verschiedene Gruppierungen und Standpunkte gibt, ist es nun mal schwierig, all diese Meinungen in Worten abzudecken. Und die AfD ist in manchen Dingen unterschwellig, nicht so freiheitlich und vertritt nicht die Werte der Menschlichkeit.

Kommen wir nun zu einem Thema, das zu ihrer Aufgabe als Sozialkundelehrer gehört. Denn die AfD findet, dass Schule und Politik nicht vereinbar seien, da oft gegen die Neutralität verstoßen werde. Was ist Ihre Meinung zu dieser Aussage?

Die AfD hat ja offensichtlich ein akzeptiertes Wahlprogramm, denn sonst wäre die Partei ja verboten, aber sie steht eben vom System der Parteien her am rechten Rand. Ich bin nicht gegen die Partei ganz allgemein, habe aber eine andere Vorstellung von Werten. Wir Lehrer können unsere Meinung sagen, müssen aber deutlich machen, dass es die eigene ist.

In manchen Bundesländern wurden ja schon Online-Plattformen errichtet, auf denen man Lehrer melden kann, die gegen die Neutralitätsplicht verstoßen haben. Auch die AfD in Bayern, die ja jetzt sogar den Vorsitz im Bildungsausschuss innehat, soll dies in Erwägung gezogen haben. Wie malen Sie sich Ihre Zukunft aus, wenn diese Plattformen errichtet werden sollten, oder vertrauen Sie den Schülern?

Also ich habe da keine Angst, ich vertraue den Schülern schon. Bei der Juniorwahl gab es zwar auch ein paar AfD-Wähler, aber nicht viele. Ich glaube nicht, dass sich die AfD auf Dauer in Bayern durchsetzen wird. Auch wenn es Gegenwind gibt: Vor ein paar Jahren wurde beispielsweise ein Hetzaufkleber auf das „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“- Schild geklebt, den wir dann in einer gemeinsamen Aktion der Gruppe im Beisein des Abtes überklebt haben.

Vielen Dank für das Interview!


Ein Kommentar der Autorin Nicola

Meiner Meinung nach ist es Unsinn zu glauben, dass „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ die Schüler stark in die linke politische Richtung drängt. Die Mitgliedschaft in dieser Gruppe ist ja immer noch freiwillig, es werden sich also dieser Gruppe nur Schüler anschließen, die schon vorher gegen Rassismus und Diskriminierung waren. Und eine Plattform zu schaffen, um „nicht-neutrale“ Lehrer zu melden, finde ich auch keine gute Idee. Denn erstens sollte in der Schule ein vertrauensvolles Klima herrschen – auch zwischen Lehrern und Schülern – schließlich verbringt man dort ja viel Zeit und sollte sich demnach, den Umständen entsprechend, wohlfühlen können. Zweitens bekommt man Sozialkundeunterricht ja erst in der 10. Klasse, und ich bin der Meinung, dass man dann alt und reif genug ist, sich eine eigene Meinung zu bilden und sich nicht mehr blind beeinflussen zu lassen. Und drittens sind die Menschen aus dem persönlichen Umfeld, wie die Eltern, Geschwister und Freunde, ein viel größerer Einflussfaktor als die Lehrer.

Statt mit dem Zeigefinger auf angeblich „linke Lehrer“ zu zeigen, sollte die AfD mal ihre Informationspolitik überdenken. Um die Objektivität meines Artikels wahren zu können, habe ich versucht, ein Statement des neuen bayerischen Landtagsabgeordneten der AfD, Herrn Christian Klingen, zu bekommen. Jedoch habe ich auf mehrfache Nachfrage keine Antwort erhalten.

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Der Artikel ist in der Schülerzeitung PEERplus des Egbert Gymnasiums erschienen. Die Schülerzeitung PEERplus wurde 2019 als beste Schülerzeitung Deutschlands ausgzeichnet.

 


 

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