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Foto: picture alliance/dpa | Philipe Arnassan

Unter Druck

Ob in der Schule, bei der Musik oder im Sport, überall sollen wir ständig Leistung bringen. Und dann noch die Frage: Was soll bloß aus uns werden? Eine Generation wird erdrückt von Erwartungen.

Maite (17) & Melanie (17)

Du stehst vor deinem Klassenzimmer und wartest auf deinen Lehrer, der dir die Tür zu deinem Klassenzimmer aufsperren soll. Problem? Du schreibst in ein paar Minuten Matheklausur. Oder Französisch. Oder Deutsch. Das Fach, in dem du dich am unsichersten fühlst. Gelernt hast du, trotzdem nagt die Nervosität an dir. Einziges Ziel: Du willst alles so schnell als möglich hinter dich bringen! Dein Lehrer kommt. Er hat die Trennwände in der Hand. Du setzt dich auf deinen Stuhl. Ein letztes „Viel Glück“. Du hältst das Blatt in den Händen und wirst noch nervöser. Du kennst die Situation, du hast sie schon oft genug erlebt. Nervosität, Panik.

Unter Druck stehen, das kennt jeder. Ständig soll man Erwartungen erfüllen, Leistung bringen. Schulaufgaben, Klausuren, Referate in der Schule, dann noch Sport oder ein Instrument, aber alles bitte mit Erfolg. Druck macht auch der Gedanke an die Zukunft: Was kommt nach der Schule?

Aber wo kommt dieser Druck eigentlich her? Von den Eltern? Vielleicht. Von den Lehrkräften? Auch.

Die möglichen Folgen des Leistungsdrucks: Schlafstörungen oder Gliederschmerzen

Aber das eigentliche Problem liegt in einem selbst. Laut einer bundesweiten Forsa-Umfrage im Auftrag des Nachhilfeinstituts Studienkreis aus dem Jahr 2020 geben rund 63 Prozent aller befragten Jugendlichen im Alter von 12 bis 18 Jahren als Hauptgrund für ihren immensen Leistungsdruck die eigenen hohen Erwartungen an. Dieser Stress kann anschließend zu den üblichen Stresssymptomen wie Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten und Gliederschmerzen führen, das zeigte etwa der DAK-Präventionsradar aus dem Schuljahr 2016/17.

Meine Freundin hat schon wieder mehr Punkte als ich, dabei habe ich doch mehr gelernt. Warum schaffe ich es nicht, neben der Schule noch zu jobben wie die anderen? Wenn alle verstehen, was der Lehrer erzählt, nur ich nicht, ist dann etwas falsch mit mir? Solche Sätze haben sich viele Schüler schon gesagt. Sich selbst vergleichen, das passiert ganz automatisch. Aber was ist das Resultat, wenn man sich das Mathegenie oder den Sportprofi zum Vorbild nimmt? Natürlich: (Leistungs-)Druck, vor allem bei jungen Menschen, die noch nicht gefestigt sind, noch nach ihrer Identität suchen und Bestätigung durch Eltern, Freunde*innen oder Lehrer*innen brauchen. Motivationslosigkeit, Lernblockaden, Traurigkeit sind mögliche Konsequenzen, die sich wiederum auf die Leistungen der Schüler*innen auswirken können – und so einen Teufelskreis in Gang setzen können: Die Unsicherheit, die nahezu jede Jugendliche und jeder Jugendlicher kennt, ist nicht nur Resultat, sondern häufig auch Ursache für diesen Stress.

Für jede Schülerin und jeden Schüler ist die Schule irgendwann vorbei, und manche wissen, wie es weitergeht: Hannah will, schon seit sie denken kann, Ärztin werden. Der Medizinstudienplatz ist ihr sicher, seit sie ihr Abitur mit der Durchschnittsnote 1,0 geschafft hat. Simon dagegen hat schon immer davon geträumt, Menschen zu helfen. Er will erst einmal nach Asien und dort beim Aufbau einer Schule helfen. Und Paul hat keine Lust auf Uni. Paul will lieber eine Ausbildung zum Hotelfachmann machen und später die Pension seiner Eltern übernehmen.

Für manche kann der Stress so groß werden, dass die über Schulabbruch nachdenken

Aber nicht für jeden ist die Antwort so einfach wie für Hannah, Paul und Simon. Wer nicht genau weiß, was er will, steht vor einem Wirrwarr an Möglichkeiten: Studium, FSJ oder doch eine Ausbildung? Die Eltern plädieren für einen sicheren Arbeitsplatz. Die Lehrer empfehlen eine Ausbildung. Die Freunde sagen: Mach das, was dir gefällt! Pro-und-Contra-Listen werden geschrieben, der Computer läuft vor lauter Internetrecherche schon ganz heiß. Aber Eile ist geboten, die Bewerbungsfristen laufen bald ab, während noch die letzten Prüfungen geschrieben werden müssen oder ein Praktikum ansteht. Man fühlt sich immer mehr unter Druck gesetzt, den Erwartungen aller zu genügen und die eine richtige Entscheidung zu treffen. Für einzelne kann der Stress dermaßen belastend werden, dass sie keinen Ausweg mehr sehen – und sogar über den Schulabbruch nachdenken.

An diesem Stress kann man nur dann fundamental etwas ändern, wenn man die eigenen Grenzen akzeptiert. Man muss vor allem einsehen lernen, dass man nicht immer die Beste oder der Beste sein kann. Ja, das ist leichter gesagt als getan. Aber wichtig, denn auch die Besten können sich nicht immer wieder selbst übertreffen. Und wichtiger als eine überragende Leistung ist eh das eigene Wohlergehen.

Der Tag, vor dem du solch eine Angst hattest, ist gekommen, du bekommst die Klausur zurück. Angespannt schaust du durchs Klassenzimmer, die anderen sind still, ihnen scheint es auch nicht anders zu gehen. Der Lehrer geht durch die Reihen, verteilt die Arbeiten – und du hast eine Zwei geschrieben, das Lernen hat sich ausgezahlt. Du kannst stolz auf dich sein! Der Lehrer gibt nun auch deiner Banknachbarin ihren Test zurück. Auf ihrer Klausur steht eine rote Eins. Du grinst sie an, sie grinst zurück. Du hast aufgehört, deinen Wert an den Leistungen anderer zu messen. Endlich bist du zufrieden mit dir.

 

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