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Gemeinsames Fastenbrechen in München | Foto: picture alliance / SZ Photo / Alessandra Schellnegger

Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Ramadan

Warum fasten viele gläubige Muslime einen Monat lang von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang? Ein Interview mit dem, den man das schon immer mal fragen wollte: den Ramadan

Mariam (18)

Mariam: Der Friede sei mit dir, Ramadan!

Ramadan: Der Friede sei auch mit dir, Mariam. Du benutzt ja die islamische Grußformel! Offensichtlich bist du schon voll im Ramadan-Feeling und kannst es kaum abwarten, dir die Zeit für deine Religion zu nehmen.

Also, eigentlich… Egal! Endlich hab ich die Chance, dich zu treffen. Ich bin schon seit meiner Kindheit mit dir konfrontiert und begegne dir jedes Jahr. Es gibt vieles, was ich dich gerne fragen würde. Deswegen fangen wir am besten an, bevor…

… die Sonne untergeht und es Zeit wird, das Fasten zu brechen.

Ja, genau! Ich würde dich gerne erst einmal bitten, dass du dich vorstellt. Wer bist du und woher kommst du?

Hm… also vor ungefähr 1.400 Jahren…

Stopp! Bitte fasse dich kurz, es soll ja keiner beim Lesen einschlafen. Also, wer bist du?

Ramadan: Mein Name ist Ramadan. Im Islam bin ich der heiligste aller Monate. Der Monat der Barmherzigkeit. Denn zu meiner Zeit wurde das Wort Gottes, also der Koran, an den Propheten Muhammad gesandt. Ich dauere 29 oder 30 Tage und bin für Muslime eine Möglichkeit, sich intensiver mit ihrer Religion zu befassen. Muslime befinden sich das ganze Jahr über im Bann des Alltags, sie sorgen sich um ihre Arbeit und ihre Freizeit, tun und lassen, was ihnen lieb ist. Dann komme ich und öffne ihnen die Tür zu einer Pause. Muslime sollen sich in mir ausruhen und eine spirituelle Reise machen. Sie sollen durch das Fasten Gottes Nähe spüren, ihren Geist erfrischen und Energie tanken, um möglichst stark und kräftig aus mir treten zu können, um das darauf folgende Jahr mit all seinen Tiefen und Höhen überstehen zu können, während ich auf sie warten werde, um sie wieder mit meiner Liebe zu empfangen.

Das hört sich aber ziemlich romantisch an, aber für die meisten Menschen bist du vor allem der Monat, in dem sie nichts essen dürfen. Was soll denn der Sinn des Fastens sein?

Ramadan: Alsooooo… Das Fasten ist ein ganz spezieller Gottesdienst. Wenn Muslime fasten, verzichten sie von der Morgendämmerung bis zur Abenddämmerung aber nicht nur auf Essen und Trinken, sie verzichten auch auf Geschlechtsverkehr, zügeln ihre Stimme, kontrollieren Wut und Zorn, ersetzen die Feindschaft und den Hass mit Liebe und Freundschaft. Durch das Fasten sollen Muslime lernen, ihre natürlichen Triebe und Begierden zu bändigen, um die Lücken, die dadurch entstehen mit Gottesdiensten wie Beten, Bittgebete sprechen, Spenden und anderen guten Taten zu füllen, mit dem Ziel, den Glauben an Gott zu stärken und Gott näher zu kommen. Das Fasten ist aber auch individuell. Es gibt Muslime und Muslima, die während des Ramadan nicht fasten. Auch ist die Wirkung des Fastens bei jedem anders. Deshalb sollten sich alle Muslime über die Philosophie des Fastens erkundigen, bevor sie sich mir näheren, um die großen Früchte meines Baumes ergattern zu können.

Wow, das muss ich erst einmal verdauen. Oh, schneller getan als gesagt, da ich ja sonst nichts anderes im Magen habe! Okay, der war flach… Spaß beiseite. Bislang dachte ich, das Fasten bezieht sich nur auf den Abbruch der Nahrungszufuhr. Aber offensichtlich geht es beim Fasten um mehr. Das begeistert mich, aber bestimmt sehen es nicht alle durch solch eine rosafarbene Brille. Kriegst du im Leben viel Kritik ab? Du bist ja recht bekannt!

Aber ja. Wie ich Komplimente bekomme, erhalte ich doppelt so viel Kritik. Das liegt hauptsächlich daran, dass man mir Sachen zuschreibt, mit denen ich eigentlich nichts am Hut hab.

Zum Beispiel?

Weißt du, Schwangere, Kranke oder Frauen, die ihre Regelblutung haben, dürfen nicht fasten. Manche tun es aber trotzdem und dann werde ich als Gesundheitsgefährdung angesehen, dabei kann ich eine heilende Wirkung haben, wenn man das Fasten richtig angeht. Und in der Schule bekomme ich oft zu hören, dass ich eine Zumutung bin und den muslimischen Kindern die Konzentration raube. Du selbst besuchst ja die Schule, Mariam. Da kannst du bestimmt mehr darüber sagen.

Na ja, da hast du schon recht. Die Lehrer*innen und Mitschüler*innen, die diesem Brauch nicht folgen, machen sich halt Sorgen. Ich zu meinem Teil versuche immer unbemerkt zu bleiben. Für mich ist das Fasten eine ganz persönliche Sache, eine Sache zwischen mir und Gott. Ich posaune nicht herum, dass ich auf Nahrung verzichte. Ich finde es verständlich, dass Außenstehende große Augen machen, wenn sie hören, dass man sogar auf Wasser verzichtet. Immer wieder fällt der Einwand, dass man doch wenigstens etwas trinken soll. Vor allem an heißen Sommertagen. Doch ich finde, es lässt sich besser handhaben als man denkt. Gott schenkt mir an solchen Tagen Kraft, ich merke das. Dann mache ich sogar beim Sportunterricht mit oder schreibe eine Klausur.

Genau. Kinder und Reisende sind von der Fastenpflicht befreit und auch Lernende haben die Möglichkeit, ihr Fasten anzupassen, wenn ihnen entscheidende Prüfungen bevorstehen.

Ich krieg das gut hin. Mir ist es auch egal, wenn in der Schule andere vor mir essen oder trinken, denn sobald ich mich daran erinnere, dass ich für Gott faste, dann kann auch die erfrischendste Cola vor mir stehen und ich würde nicht nach ihr greifen wollen! Doch das klappt nicht bei jedem. Für diejenigen, die einen schwachen Körper haben, ist das Fasten tatsächlich anstrengend, und sobald ein Gesundheitsrisiko besteht, ist es sowieso verboten zu fasten.

Jetzt hast du mehr geredet als ich. Haben wir etwa die Rollen getauscht?

(Mariam lacht) Gibt es etwas, das du den Menschen, die mit dir nichts zu tun haben, sagen willst?

Ja, gerne.

Dann hau’s raus!

Habt bitte Verständnis mit den muslimischen Menschen, die sich dazu entscheiden zu fasten. Sie sehen in mir eine Chance, seelischen Frieden zu erlangen. Vor allem für die Kinder und Jugendliche ist der Ramadan eine Zeit der Vereinigung, denn sie spüren den Gemeinschaftssinn der Religion, wenn sie sehen, dass ihre Familie und Freunde fasten und alle ein gemeinsames Ziel verfolgen. Und nicht zuletzt abends, wenn die Familien zum Fastenbrechen zusammenkommen, wird dieser Gemeinschaftssinn gelebt.

Jetzt machst du mich ganz sentimental. Deine Worte haben mich berührt.

Jaja, Mariam. Tu nicht so, als würdest du mich vermissen.

Oh und wie. Gott weiß, wie sehr ich es tu!

 

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