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Schauspielerin Thelma Buabeng
Foto: Johanna Landscheidt

„Wir müssen das selber machen“

Lange gehörten für die Schauspielerin Thelma Buabeng rassistische und klischeehafte Rollenangebote zum Arbeitsalltag. Im Gespräch mit Jenny, Johannes und Yunus verrät sie, wie sie gelernt hat, damit umzugehen und warum sie Hoffnung für die kommenden Generationen hat.

Jenny, Johannes und Yunus

Liebe Thelma, du bist in Köln und Berlin auf die Schauspielschule gegangen und hast deine Fernsehkarriere in der Serie „Lindenstraße“ gestartet. Wie war das für dich?

Ja, das war meine allererste Rolle. Ich habe mich damals total gefreut, irgendwie Geld zu bekommen, zu drehen, im Fernsehen, Lindenstraße. Also ich habe mir auch nicht so einen Kopf gemacht. Klar habe ich mir auch gedacht: O.k., aidskrank, Nigerianerin, spricht kein Deutsch. Die erste Szene wurde so erzählt: Sie kommt in der Lindenstraße mit einem Taxi an, hat keine Kohle
dabei und schnorrt erst mal … (lacht) Das war mein Auftritt in der Lindenstraße. Wer macht denn so etwas? Da kommt die Afrikanerin aus Afrika, kann sich gar kein Taxi leisten, setzt sich aber in eins, weil irgendein Weißer wird das ja bezahlen. Mega rassistisch. Das war 2003. Mittlerweile hat sich auch viel getan. Ich weiß nicht, wie diese Geschichten jetzt erzählt werden.

Wie hast du auf solche Drehbücher reagiert?

Am Anfang stand für mich die Wut darüber, dass wir so dargestellt werden. Jetzt bin ich aber einen Schritt weiter und denke, es ist falsch, immer zu verlangen, dass andere Leute, in dem Fall weiße Leute, meine Geschichten erzählen. Eigentlich müssen wir das selber machen. Also wir sollten nicht darauf warten, dass irgendwelche Produzenten jetzt endlich mal nicht die Geschichte von einem Schwarzen erzählen, der über das Mittelmeer geflüchtet ist, sondern die Geschichte von Schwarzen erzählen, die Kriegshelden waren, die geile Sportler sind, die eine ganz normale Karriere gemacht haben und zufällig Schwarz waren.

In deiner YouTube-Serie „Tell me nothing from the horse“, erfindest du eigene Charaktere und wählst einen sehr humorvollen Zugang, um auch über ernste Themen wie Rassismus zu sprechen. Warum?

Das beste Ventil, um Leute an sich heranzuholen, um Dinge verständlich zu machen, ist Humor. Gemeinsam zu lachen, gemeinsam Spaß zu haben, ist mein Ziel. Letztendlich zeigen die Figuren in der Serie einen Querschnitt der Gesellschaft, wie so ein Spiegel. Und ich hoffe, dass man sich da hineinversetzen kann, was letztendlich hoffentlich dann auch witzig ist und zwar ohne Schläge, eher so als würde ich die Leute kitzeln. Unter den Achseln sozusagen.

Was für Rollen möchtest du gern angeboten bekommen?

Superheldin! (lacht) Das wäre eigentlich mein Ding, so mit Afro wie Shaft in den Siebziger Jahren und meine Superkraft wäre Schellen verteilen. Dass ich so viel Kraft in der rechten Hand habe, dass ich nur so Päm, Päm, Päm … allen Schellen gebe. (lacht)

Allen sexistischen Männern, Rassisten …

Nein, ich meine, bei Superhelden ist es ja oft so, meistens sind es weiße Männer mit ihren weißen männlichen Gehilfen und so. Und wenn es Frauen sind, dann sind die immer sexy und total dünn und haben irgendwie kaum etwas an.

Ich finde den Gedanken superschön, dass man als  Schwarze Frau die Heldin eines Films ist.

Eine Traumrolle wäre wirklich Superheldin?

Das fände ich richtig nice, muss ich ganz ehrlich sagen. Aber auch ganz viele andere Sachen. Ich stehe zum Beispiel total auf historische Filme. Das Problem ist natürlich, dass ich bei historischen Filmen oft den Kürzeren ziehe. Wenn man es realistisch macht. Man kann es natürlich letztendlich als Regisseur, Produzent, Filmproduktion machen, wie man will, aber oft wird es ja dann doch  klassisch gemacht mit weißen Schauspielern. Dann gibt es höchstens eine Schwarze als Dienstmädchen. Das heißt, in diesen historischen Filmen, wo ich gern diese geilen Kleider anhätte, die ich so liebe, würde ich am Ende mit Schürzchen oder Haube und Putzmittel in der Hand dastehen.

Wie sehr hängt deine Haltung zu Rassismus mit deinem Beruf zusammen?

Es hätte natürlich in jedem Berufszweig passieren können, dass ich der einzige Schwarze Mensch im Kontext gewesen wäre und daher mit komischen Fragen und Dingen konfrontiert worden wäre. In meinem Kontext als Schauspielerin kommt dazu, dass ich auch spielen muss, wie ich von der Gesellschaft gesehen werde. Das ist vielleicht ein bisschen extremer. Wenn ich einen normalen Bürojob hätte, würde mir Alltagsrassismus vielleicht auch begegnen. Aber wenn ich morgens am Schreibtisch sitze und dann abends wieder gehe, werde ich eventuell weniger damit konfrontiert.

Gibt es auch Momente, wo du keine Lust hast, über Rassismus zu reden?

Ich hatte eine Phase letztes Jahr, vor allem nach Chemnitz und dem ganzen Mist, wo ich echt gemerkt habe, nein, eigentlich habe ich jetzt keinen Bock, wieder zu irgendeinem Podium zu gehen, mich vor weiße Menschen zu setzen und denen zu erklären, was Rassismus ist. Checkt es doch selber mal. Also manchmal ist es dann auch zu viel, sodass ich dann das Gefühl habe, nein, macht euren Kram alleine. Es ist ein bisschen wie Perlen vor die Säue zu werfen, weil ich das Gefühl habe, man redet und redet, aber meistens sind die, die dasitzen,
gar nicht die, die es hören müssten.

Weil die Leute im Publikum schon wissen, was Rassismus ist?
Auch nicht immer, aber zumindest sind das die Leute, die willens sind. Die sind ja schon mal da und die wollen zuhören. Und ich finde es wichtig und ich finde es dann doch total gut, dabei zu sein. Ich glaube kaum, dass es eine POC (Anm. d. Red.: Person of Color) gibt in Deutschland, die nicht komische Erfahrungen gemacht hat. Aber ich habe das Gefühl, dass es normaler wird in eurer Generation oder der, die nach euch kommt.

Gibt es also Hoffnung auf weniger komische Erfahrungen für von Rassismus betroffene Menschen?

Ich war mal bei einer Freundin, deren weiße Tochter hat mit einem Mädchen mit einem Schwarzen und einem weißen Elternteil gespielt. Und die haben genau über diese Begrifflichkeiten geredet. Ich habe gerade mit ihr darüber diskutiert, was man dazu sagt und sie gefragt: „Entschuldige mal bitte, wie sagt man denn zu dir?”
Die so: „He? Wie? Melissa.“
Die hat meine Frage gar nicht verstanden. Mir war das so peinlich, weil ich gedacht habe, ja, genau, du hast vollkommen recht, was ist das für eine komische Frage, die ich hier stelle?

Ich habe das Gefühl, dass es für die jüngere Generation, natürlich kommt es immer darauf an, wo man aufwächst, gar nicht mehr so ein Thema ist. In der Kita und in der Grundschule sagen die Kinder dann so: „He? Was meinst du? Das sind alles Kinder. Ich weiß gar nicht. Ich verstehe die Frage gar nicht.“

THELMA BUABENG (*1981) ist Schauspielerin.

In ihrer eigenen YouTube-Serie „Tell me nothing from the horse“ parodiert sie rassistische Klischees.

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In der aktuellen q.rage findet ihr das Interview mit Thelma und viele weitere tolle Texte.

 

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